Wer professionell die Gesprächsführung leben kann, wird nicht nur zufriedene und wachsende KlientInnen haben, sondern auch selbst wachsen und nicht ausbrennen. Es gibt nicht die Gesprächsführung - wir müssen unseren eigenen Stil entwickeln und das Gespräche führen ein Leben lang anwenden und reflektieren - denn die Gesprächsführung entwickelt sich parallel zu uns.

Das Wesen der Gesprächsführung

„Höre, was ich nicht sage, weil ich mich nicht traue. Wenn ich es nur sagen könnte, dann würde ich mich besser fühlen. Aber ich habe Angst, dass du mich nicht für liebenswert hältst und dass ich meinen Schmerz nicht aushalten kann.“ - Wenn ich es schaffe, dass ein Mensch in seinem Kummer all seine Einzigartigkeit zeigt, ohne sich abgelehnt zu fühlen, und wenn ich ihm Mut mache durch seine Gefühle zu gehen um seinen eigenen Weg zu finden und wir danach beide erleichtert und zufrieden sind, dann war das Gesprächsführung. Gesprächsführung ist jedoch keine Technik, die wir einfach erlernen können - sie ist vielmehr eine Haltung. Sie setzt voraus, dass ich Menschen ehrlich mag und sie so lasse, wie sie sind. Sie setzt voraus, dass ich den Menschen nichts abnehme, was sie selber können, sondern einfach nur da bin. Jeder Mensch hat Selbstheilungskräfte und möchte sich selbst aktualisieren. In dem Vertrauen darauf durchlaufen unsere KlientInnen ihren Gefühlsdschungel - und gerade der ist manchmal für uns schwer auszuhalten (z.B. wenn wir unsere eigene Trauer nicht zugelassen haben, oder unsere eigene Leere nicht durchlaufen wollten können wir das bei anderen nicht aushalten.)

Grundbedingungen

Carl Rogers fand heraus, dass drei Voraussetzungen für eine Gesprächsführung gegeben sein müssen:

  1. Annahme und Wertschätzung
  2. Empathie (einfühlendes Verstehen)
  3. Selbstkongruenz


Tausch & Tausch ergänzten, dass es nicht reicht, die anderen Wert zu schätzen und zu verstehen - vielmehr muss ich mich auch selbst annehmen und verstehen. Ich öffne mich vor mir selbst, fühle und achte mich.

Grenzen der Gesprächsführung

  • Kann ich einen Menschen achten, wenn ich ihn nicht sympathisch finde?
  • Was ist wenn ich seinen Taten nicht zustimmen kann? (z.B. Vergewaltigung, Mord)
  • Kann ich empathisch sein, wenn ich noch nie etwas Ähnliches erlebt habe? (z.B. Schwangerschaft)
  • Kann ich echt sein, wenn es doch sowieso mein Job ist - und ich womöglich noch ein Honorar dafür bekomme?

Gesprächsförderer benutzen

Handwerkszeug der Gesprächsführung - Gesprächsförderer benutzen:

  • aktiv zuhören, mit Namen ansprechen,
  • wiederholen/umschreiben des Gehörten im gleichen Sprachcode wie Gegenüber,
  • klären, was unklar ist - z.B. warum jemand schweigt oder nachdenkt, bzw. was gerade im Kopf vorgeht,
  • nachfragen, wenn ich noch Informationsbedarf habe, um das Anliegen richtig zu erfassen,
  • offen Vor- und Nachteile diskutieren
  • weiterführen, Denkanstoß geben: Dabei helfen oftmals "offene" Fragen,
  • Gefühle spiegeln/ansprechen und dabei vorsichtig formulieren (z.B. "Ich habe den Eindruck, dass..."),
  • in-Beziehung-setzen, also aufzeigen, in welchen Zusammenhängen das Problem auch noch gesehen werden kann.

Gesprächsstörer meiden

Befehlen; Ursachen aufzeigen, Hintergründe deuten, in die "Schublade stecken"; herunterspielen, bagatellisieren; ausfragen, nachforschen; Vorschläge oder Lösungen machen; bewerten; von sich reden; überreden; warnen, drohen, Gegenbehauptungen aufstellen, Lebensweisheiten zum Besten geben, belehren; verspotten, Nicht-ernst-Nehmen, Ironisieren; verallgemeinern; aktiv werden - all diese Gesprächsstörer gehören eigentlich nicht in die Gesprächsführung.

Reflexionshilfen zur Gesprächsführung

Folgende Punkte geben einen Hinweis darauf, dass eine Gesprächsführung gelungen ist:

  • Beide Parteien sind mit dem Verlauf des Gesprächs zufrieden.
  • Es standen keine Missverständnisse zwischen den Parteien - es war stets Klarheit da.
  • KlientInnnen fanden ihren Weg und die Lösungen selber - sie wurden nicht manipuliert.

Das Zweitwichtigste zuletzt

  • Welche Erfahrungen hast du mit der Gesprächsführung am Krankenbett gemacht?
  • Welche Konsequenzen ziehst du daraus?
  • Hat jemand bei dir GF gemacht? Wie war das für dich? Womit hängt das zusammen?

Siehe auch

Literatur

  • Carl R. Rogers: Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Fischer. ISBN 3596421756
  • Reinhard Tausch, Annemarie Tausch: Gesprächspsychotherapie. Hogrefe-Verlag, 1990. ISBN 3801704173
  • Hella Dahmer, Jürgen Dahmer: Gesprächsführung. Thieme, Stuttgart, 2003. ISBN 313627105X
  • Maria Langfeldt-Nagel: Gesprächsführung in der Altenpflege. E. Reinhardt (München) 2004. 255 Seiten. ISBN 3-497-01720-5. Rezension bei socialnet hier von Ursula Koch-Straube.

Weblinks