Krise

Aus Familienwortschatz
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Definition & Ursachen

Krise kommt vom Griechischen "Krisis" und bedeutet etwa trennen. Der Grundbedeutung nach ist eine Krise (wirtschaftlich, medizinisch,...) immer ein entscheidender Augenblick, ein Wendepunkt, ein "dynamischer Schwebezustand zwischen positiver und negativer Veränderung" (Brun-Gräser, 1993, S. 150).

Im Chinesischen hat das Schriftzeichen für Krise die Bedeutungen Gefahr und Chance.

allgemein

Im engeren Sinne ist Krise die Bezeichnung für einen Verlust des inneren emotionalen Gleichgewichts. Oft geht dieser Verlust mit hohem gefühlsmäßigem Druck einher, der vom Betroffenen mit den erlernten Bewältigungsmöglichkeiten nicht oder nicht sofort behoben werden kann. Man unterscheide zwischen

Bei Ausbruch einer Krise sind Art und Schwere des auslösenden Ereignisses sowie die Bewertung von Bedeutung. Die "Theorie kritischer Lebensereignisse" setzt sich mit der Entstehung von Krisen auseinander.

Medizin

Im medizinischen Sprachgebrauch bedeutet Krise entweder einen Wendepunkt im Krankheitsgeschehen (z.B. der steile, „kritische“ Abfall von Fieber), oder das anfallsweise Auftreten von Krankheitszeichen mit besonderer Heftigkeit, z.B. eine Bluthochdruckkrise (hypertensive Krise).


Psychologie

In der Psychologie bedeutet eine Krise einen wichtigen Abschnitt innerhalb eines psychologischen Entwicklungsprozesses, in dem sich nach einer Zuspitzung der Situation der weitere Verlauf und spätere Ausgang entscheidet (z.B. Trotz-Phasen in der Kindheit, Reifezeit in der Pubertät usw.). Auch berufliche, familiäre und andere schwerwiegende Entscheidungssituationen können sich zu tiefreichenden persönlichen Krisen(Existenz-Krisen) ausweiten, in denen die Persönlichkeit, ihre Werthaltung und Lebensauffassung, ihr Selbstgefühl und Gewissen betroffen sind.


Pflegekonzept

Eine Krise ist ein entscheidender Abschnitt eines Entwicklungsprozesses, der durch hohe Belastung gekennzeichnet und für das weitere Persönlichkeitsschicksal bestimmend ist. Der Lebenslauf eines jeden Menschen ist geprägt von individuellen Ereignissen, die mehr oder weniger unvorhergesehen in sein Leben eingreifen, plötzlich auftreten und den Menschen zur Umorientierung in seinem Denken und Handeln auffordern. Solche Ereignisse können zu Entwicklungs-, Anforderungs- und Verlustkrisen führen, gehören andererseits aber zum Reifungsprozess einer Persönlichkeit. Krisen bedeuten einerseits eine Bedrohung der Identität des Menschen, bergen andererseits jedoch auch eine Chance zur Wandlung und Entwicklung. Daher ist nicht sinnvoll, jede sich andeutende Krise abwenden zu wollen, z.B. Leid um jeden Preis zu vermeiden.


Krisenphasen

Das Krisenmodell nach dem amerikanischen Sozialpsychiater Caplan (1964) formuliert Krise als eine negativ empfundene Veränderung des Gleichgewichts zwischen Individuum und Umwelt. Es enthält vier Phasen:

  1. Phase der angepassten und routinierten Reaktion: Der Betroffene wendet ihm vertraute Problemlösungstrategien an. Bereits in dieser Phase können sich Gefühle wie Angst, erhöhte Spannung, Bedrohung und Beunruhigung einstellen. Mit jedem misslungenem Versuch, die Situation mit bekannten Massnahmen zu bewältigen, steigt die belastende Spannung an. Der Betroffene sieht sich immer weniger in der Lage, eine Lösung für seine Probleme zu finden.
  2. Phase der Unsicherheit und Überforderung: Das Geschehen der ersten Phase spitzt sich zu. Die Copingstrategien des Betroffenen zeigen keinen Erfolg. Er muss sich eingestehen, dass er überfordert ist. Die starke emotionale Verunsicherung lässt den Betroffenen kaum noch Perspektiven erkennen. Gefühle der Hilflosigkeit und des Versagens nehmen überhand.
  3. Phase der Abwehr durch den Einsatz aller verfügbaren Mittel: Alle äusseren und inneren Ressourcen werden mobilisiert. Der Leidensdruck ist so groß, dass der Betroffene auch zu ungewohnten Verhaltensweisen greift, um das Problem zu lösen. Möglicherweise kann er das Problem in dieser Phase lösen und gewinnt damit an Stärke und neuem Selbstbewusstsein.
  4. Phase der Erschöpfung, der Rat- und Hilfslosigkeit: In dieser Phase entscheidet sich, ob das Krisengeschehen positiv oder negativ verläuft. Besteht die bedrängende, belastende Situation weiter, verschlechtert sich das seelische und körperliche Wohlbefinden des Betroffenen stark. Schliesslich kommt es zum Zusammenbruch der Persönlickeit. Oft ist professionelle Hilfe nötig, um einen Copingprozess auszulösen.


Symptome

Mögliche subjektive Symptome

  • erhöhte Anspannung, Beunruhigung, Nervosität, innere Unruhe
  • Gefühle des Bedauerns und/oder von Schuld
  • Ängstlichkeit, Furcht vor unklaren Folgen, Panikgefühle
  • Besorgnis, Unsicherheit, Furchtsamkeit
  • Übererregtheit, Wut, Zorn
  • Erschütterung, Verzweiflung
  • Unzulänglichkeitsgefühle
  • empfundene Schlaflosigkeit
  • Hoffnungslosigkeit, depressive Verstimmungen, Trauer


Mögliche objektive Symptome

  • Herzklopfen, Tachykardie
  • angespannte Gesichtszüge
  • erweiterte Pupillen
  • weisse, kalte Finger und Hände, Zittern
  • zitternde Stimme
  • fahrige Bewegungen
  • erregtes, zielloses Umhergehen, übermässiger Tätigkeitsdrang
  • vermehrtes Schwitzen
  • wahrnehmbare Schlaflosigkeit
  • ausgedrückte Besorgnis um Veränderungen der Lebensumstände
  • verbale Äusserungen über die eigene vermeintliche Unfähigkeit, zurechtzukommen oder um Hilfe nachzusuchen
  • Schreien, Fluchen, lautes Beten
  • Unfähigkeit, Rollenerwartungen/Grundbedürfnisse zu erfüllen
  • Änderung der gewohnten Kommunikationsmuster
  • destruktives Verhalten gegenüber sich und anderen
  • Weinen
  • Unfähigkeit, etwas zur Lösung des Problems beizutragen
  • Rückzug, selbstgewählte Isolation, Antriebslosigkeit

Massnahmen

  • als Patient:
    • die eigenen Situation erkennen, sich der Konsequenzen bewusst sein
    • ein Stresstagebuch anlegen
    • eine Auszeit von der belastenden Situation nehmen oder sogar einen Ausstieg planen bzw. durchführen
    • "Druck ablassen" in Form von körperlicher Betätigung (z.B. durch Sport) oder mithilfe von Gesprächen
    • Humor bewahren


  • als Pflegende
    • Möglichkeiten zur Aussprache aufzeigen (z.B.Seelsorger oder Psychologen einschalten)
    • Zuhören, Verständnis zeigen (dabei aber authentisch bleiben)
    • bisherige Copingstrategien und Erfahrungen mit bewältigten Krisen ansprechen
    • Kontakte zu Patienten mit ähnlichen Problemen vermitteln (z.B. Selbsthilfegruppe)


suizidale Krise

Wichtigster Leitsatz: Man kann nicht verhindern, dass sich jemand das Leben nimmt, aber dass er sich das Leben nehmen will.

  1. Diagnostik
  2. konsequentes therapeutisches Handeln
  3. tragfähige menschliche Beziehungen
  • Prophylaxe:
    • Überwachung, jedoch einige private Nischen lassen
    • problematische Gegenstände (Messer, Medikamente, etc.) abgeben
  • Gesprächsverhalten:
    • Suizidgedanken nicht ausreden
    • niemals Gedanken ins Lächerliche ziehen
  • Akzeptanz:
    • Verständnis für Situation zeigen, jedoch klar stellen, dass man selbstzerstörerisches Verhalten nicht als Lösung betrachtet
    • Aufmerksamkeit und menschliche Wärme schenken
    • kontinuierlich das Gespräch suchen und das Gefühl geben, dass der Betroffene wichtig ist
    • "gute Ratschläge" vermeiden (sind wenig hilfreich, z.T. gefährlich)
  • Nachsorge:
    • sozialpsychiatrische Dienste
    • Selbsthilfegruppe
    • stationäre Behandlungen fangen Krisen ab,ändern nichts an den belastenden Lebensumständen, daher sollten vor Entlassung aus einer stationären Behandlung gezielte ambulante Kontakte - Selbsthilfegruppen ,pyschotherapeutische Kontakte hergestellt werden, um zur Problembewältigung gezielte Hilfen formulieren zu können,anzunehmen und die Nachsorge gewährleistet ist.
    • Vermitteln einer therapeutischen Begleitperson, die Ansprechpartner bleibt und im Notfall rechtzeitig eine erneute Klinikeinweisung organisiert

siehe auch den Artikel zu Suizid

Literatur

  • S. Arieti, Gerald Caplan (1974; eds): American handbook of psychiatry, 2nd edn, vol 29. Basicbooks New York
  • Hildegard Bechtler (2002): Krisenintervention. In: Verein für öffentliche und privat Fürsorge: Fachlexikon der sozialen Arbeit. 5. Aufl. Frankfurt.
  • L. Brun-Gräser (1993): Handbuch der Beratung für helfende Berufe, München & Basel.

Siehe auch